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Aktuelles | El-Kothany, Helga | 02.07.2024

125-Jahrfeier des Zabergäuvereins

Der vorletzte Sonntagnachmittag im Juni beginnt mit einem Sektempfang rund um den Weinbrunnen im Deutschen Hof.

Im großen Saal der Herzogskelter empfängt am Flügel der junge Organist Gregor Engelhardt die Gäste mit meisterhaften Variationen der „Freude schöner Götterfunken”.

Das passende Werk zu dem freudigen Anlass, der so viele Gäste, darunter die Bürgermeister Diana Danner, Carmen Kieninger, Thomas Csaszar und Ulrich Heckmann, in die Herzogskelter geführt hat: die 125-Jahrfeier des Zabergäuvereins, die mit der Begrüßung durch den ersten Vorsitzenden Ulrich Peter eröffnet wird.

Geschichte hat Tradition in Güglingen - spätestens seit den Römern.

In seinem Grußwort erinnert Bürgermeister Ulrich Heckmann an ein dunkles Kapitel in der Vergangenheit, an den Hexenprozess der Katharina Kepler als Beispiel dafür, wie schnell Rechtstaatlichkeit in Gefahr gerät, damals und heute. Er appelliert an den Heimat- und Geschichtsverein, immer auch politisch zu sein und auch solche Themen aufzugreifen.

Altes zu bewahren, das sonst unwiederbringlich verloren geht, ist für Ulrich Peter ein Herzensanliegen. Natürlich könne man nicht alles aufbewahren, aber mit der Bücherei des Vereins und dem Online-Archiv fast aller Hefte des Vereins, weltweit zugänglich und oft genutzt, habe man einen immensen Fundus an wertvollen Quellen geschaffen.

In seinem Festvortrag entführt der Historiker und Schriftleiter des Vereins Manfred Göpfrich-Gerweck die Gäste auf einen langen Exkurs vom Entstehungsjahr des Vereins, dessen verschiedenste Facetten er beleuchtet, bis heute, mit vielen Bildern, Vorausschauen und Rückblicken.

Einen Einblick in das Entstehungsjahr 1899 gibt der Zaber-Bote, das damalige Anzeigen- und Unterhaltungsblatt fürs Zabergäu, gleichzeitig offizielles Amtsblatt des Oberamtes Zabergäu mit Nachrichten aus der Region, aus Württemberg und der Welt. „Heute ist es eine wunderbare Quelle für die lokale Geschichtsschreibung.”

Die Stimmung am 1.1.1899, also zu Beginn des letzten Jahres vor einem neuen Jahrhundert, ist gut. Deutschland blüht an Macht und Ehren, die Dampfkraft hat eine enorme Entwicklung genommen, Eisenbahnen sind an die Stelle von Postkutschen gerückt, Fernsprecher ersetzen den Telegrafen. Nur am Flugverkehr wird noch herumgedoktert. Es wird bis zum 1. Weltkrieg dauern, bis Flugzeuge eingesetzt werden können.
Zaber-Bote 1.1.1899

Am Ende dieses ereignisreichen Jahrhunderts wird der Zabergäuverein gegründet. In der „guten alten Zeit”, als es neben dem Kaiser noch einen König in Württemberg gibt. „Unbeschwerte herrliche Zeiten für Monarchisten” und der einzigen „gottgewollten Staatsform”.

Am 23.3.1899 erscheint im Zaber-Boten eine umfangreiche Würdigung zum 100. Geburtstag des Gründers des Altertumsvereins des Zabergäus und Geschichtsschreibers Dr. Karl Klunzinger. Am Ende die nahezu biblisch anmutende Aufforderung: „Gehe hin und tue desgleichen!” Unterzeichnet mit dem Kürzel A.H.

Von dem mysteriösen Autor sollte man noch mehr lesen - über Attraktionen im Stromberg, über den Schwäbischen Albverein, der Wanderer ins Zabergäu lenke. Er fordert auf, einen neuen Verein zu gründen, um diese Arbeit zu intensivieren: den Zabergäuverein! Ein lebendiges Gedächtnismal für den alten Klunzinger.

Am 12.11.1899 trifft sich eine Versammlung im Güglinger Gasthaus „Zur Post”, um über einen Zabergäuverein für geschichtliche und naturkundliche Forschung und landschaftliche Pflege zu beraten.

Den Vorsitz hat Pfarrer Braun, Cleebronn, Dr. Losch, Hausen, Präzeptor Widmann, Stadtschultheiß Lehner und Schullehrer Hahn, Lauffen - und Schullehrer August Holder aus Erligheim, der mysteriöse A.H.

August Holder mit Familie

August Holder (re.) mit Familie

Sofort treten 33 Mitglieder ein. Gewählt in den Ausschuss werden Losch, Braun, Holder.

Am 27.12.1899 findet die erste Hauptversammlung statt. Und am 30.12. vermeldet der Zaber-Bote, dass dazu Prof. Dr. med. B. Klunzinger aus Stuttgart erschienen sei. Zum Vorstand ernannt wird Pfarrer Braun, zum Schriftführer August Holder, als Rechner Schultheiß Wellner, Cleebronn. „So ist nun der Verein unter Recht günstigen Vorzeichen ins Leben gerufen.”

Das erste Jahr zeichnet sich durch viele Aktivitäten aus. Der Verein wächst, darunter Stifter wie Alfred Amann und Staatssekretär von Balz. Holder bleibt bis zu seinem Tod das Herz des Vereins.

Eine Zäsur bringt der 1. Weltkrieg, an dessen Ende Holder stirbt, wenige Tage nach dem Wiedergründungsversuch des Vereins in Brackenheim. Er versinkt jedoch in seinen ersten Dornröschenschlaf.

Am 3.5.1925 wird der Verein erneut gegründet - mit einer neuen Zeitung. Neuer Herausgeber und Schriftleiter ist Pfarrer Karl Schlenker, Leonbronn. Ausschussmitglieder sind nur wenige verblieben. Zweiter Vorsitzender und Schriftführer wird Rektor Konrad Koppenhöfer. „Aufwärts und vorwärts soll die Losung in unserem Verein sein!” Forstmeister Otto Linck wird als Presseberichterstatter in den Ausschuss berufen, auch Altbürgermeister Arnold, Güglingen.

Zabergäuverein 1926

Doch bald weht ein anderer Wind.

Aus dem Zaber-Boten wird 1933 die Zaber-Wacht - ein Propagandablatt mit Hakenkreuz. Der seit 1919 erste Vorsitzende Landrat und Oberamtmann Otto Hornung entzieht sich am 9.12.1934 dem Druck durch Freitod, einen Sprung aus dem Fenster. Sein Nachfolger bis 1940 wird Regierungsrat und Oberamtsverweser Otto Häberle.

1935 stirbt Schlenker, ein entschiedener Gegner der NSDAP.

Bei der Hauptversammlung im Oktober 1935 wird Hauptlehrer Theodor Bolay neuer Herausgeber der Zeitschrift. Bis 1941 präsentiert sich das Heft mit rotem Umschlag und dem Titel „Heimatblätter aus dem Zabergäu”.

„Die Blätter werden braun”, schreibt später Dr. Otfried Kies. Der Verein lässt sich von der Zeit vereinnahmen.

1940 wird Linck zum vorläufigen Vorsitzenden gewählt. Häberle wird zum Militärdienst eingezogen.

Am 18.10.1943 wird der Verein von den Anwesenden in der Brauerei Brackenheim stillgelegt. Untereinander hält man jedoch Kontakt und wartet auf die Gunst der Stunde.

1949 erscheint bereits Lincks Zabergäumonografie, ein Nachhall auf die gute alte Zeit.

Nach dem 2. Weltkrieg will es mit einer erneuten Erweckung des Vereins nicht vorangehen. Linck glaubt schon gar nicht mehr an eine Wiederauferstehung. Aber es klappt, und er verkündet im 1. Heft von 1953 - wieder in Weiß und mit dem alten Namen - die Wiederkehr des Vereins mit ihm als Vorsitzendem, Bürgermeister Volk als Rechner, Krauß als Schriftführer, Bolay als Schriftleiter.

Seither hält die längste, bis heute andauernde Periode des Vereins.

Bei Unterhaltungsmusik von Gregor Engelhardt, Häppchen der Güglinger Landfrauen, Getränken und vielen Gesprächen geht die Jubiläumsfeier zu Ende.